Hüter des Lichts

Es ist wieder einer dieser ungestümen Tage: Das triste Winterwetter überschwemmt uns mit Regen, Schnee und Sturm. Leere und Erschöpfung drohen, ein bedrohlicher Dunst senkt sich über die Welt, hüllt sie ein und unterdrückt ihren Lärm. Die dunkle, ungemütliche und wie stillstehende Atmosphäre, durchbrochen nur von flackerndem Kerzenschein und dem stechenden Geruch des schäbigen Glühweins, erinnert uns gleichzeitig an die Wichtigkeit der Kunst. Der Herbst und der Winter dienen ihr als Inspiration und schenken ihr gleichzeitig eine Aufgabe...

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Ausbruch

Langsam und nur mit Mühe schlägt das Wesen zum ersten Mal seit langer Zeit seine verklebten, trüben Augen auf. Alles, was es erkennen kann, ist Dunkelheit. Es lauscht und hört dumpfe Geräusche, die klingen, als kämen sie von weit weg, als würde sich das Wesen gänzlich unter einem Kissen befinden, welches die exakten Laute filtert und vereinfacht. Vorsichtig tastet es nach vorne und zu allen Seiten: Von einem schuppigen Material umschlossen, kann es sich in dieser geheimnisvollen Kammer kaum bewegen...

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Der Unsichtbare

Wie ein Schatten huschte der Mann durch die Stadt. Unbemerkt schlängelte er sich durch die unerträgliche Menge an Menschen, die sich wie umtriebige Ameisen in alle Himmelsrichtungen über die Straßen bewegten. Es regnete, und obwohl ihm das nichts ausmachte, zog er sich seine Kapuze über den Kopf.

Die Stadt war sein Zuhause, aber keine Heimat, die ihn willkommen hieß. Auf den überfüllten Wegen fühlte er sich wie ein Fremder, ein Geist, der zwischen den Menschen dahintrieb, wie ein Luftballon vorbei an Wolken, wie ein Laubblatt, das von der Strömung eines Flusses geschickt um Felsen herum manövriert wird...

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Oktroyiert

Ein lauter Knall weckt mich aus meiner tiefen Dämmerung. Ich erschrecke und der Schlaf, nah an der Bewusstlosigkeit, entflieht aus meinen Gliedern. Das heftige Rumpeln vibriert in meinem Hinterkopf nach und wirft ein furchterregendes, schepperndes Echo. Meine Augenlider flattern, ich werde geblendet von einem hellen künstlichen Licht, das direkt auf mich gerichtet ist...

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Das traurigste Mädchen der Stadt (Teil 2)

Wie aus dem Nichts und ohne Vorwarnung, als wäre sie durch ein Portal geschritten, um einer fremden Galaxie zu entrinnen, schält sie sich aus der sternklaren Dunkelheit einer weiteren lauen Sommernacht. Die Straßenlaternen sind längst erloschen. Die Zigarette, das kleine, leuchtende Fünkchen zwischen ihren Fingern, durchlebt ihre letzten Atemzüge, bevor ihre sterblichen Reste lässig und sorglos weggeschnippt werden.
Das Mädchen durchbricht mit ihren energischen Schritten die beängstigende Stille des Stadtteils... 

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Schlechte-Nacht-Geschichte

„Liegst du gut? Fertig eingerichtet?“, fragte es aus der mondhellen Dunkelheit.

„Ja, einen Moment.“ Salia schüttelte nochmals ihr Kissen auf und kuschelte sich danach unter lautem Knistern in ihren dunkelblauen Schlafsack.

 

Zu diesem Zeitpunkt ahnten die beiden besten Freundinnen noch nicht, dass diese Nacht eine schrecklich besondere werden würde...

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BlackBox

Hey, du! Ja, du!

Hast du eine Lust auf eine Reise? Na?

Wusste ich es doch. Dann leg' dich hin und schließ' die Augen. Ja, das ist alles.

Du glaubst mir nicht? Sei nicht albern! Was soll schon geschehen? Es wird phantastisch, ganz sicher! Ein Erlebnis, das du nie vergessen wirst. Eine Erfahrung, die dich bis in alle Ewigkeit begleiten wird.
Also? Ja? Sehr gut.

Sehr, sehr gut...

 

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(K)ein Liebesbrief

Meine Beine liegen auf dem hölzernen Tisch, der Rücken lehnt an das weiche Polster des Loungekissens. Gemächlich versinkt die Sonne hinter dem teuren Einfamilienhaus meines Nachbarn. Das Viertel wirkt beunruhigend friedlich, wie leergefegt, bis auf das emsige Surren der Insekten. Bienen arbeiten, Fliegen nerven, Käfer krabbeln, Spinnen lauern. Die ersten Stechmücken heben vorsichtig ihre Köpfchen und erwachen, nur noch wenige Minuten, bis sie ihr schrecklich schräges Konzert veranstalten und ihre Gier nach Blut stillen werden.
Das zweite Bier perlt geschmeidig und erfrischt. Ich nutze die Ruhe, das flüchtige Alleinsein und den kurzen, vergänglichen Moment der Freiheit vor ihrer Rückkehr, um in mein schwarzes Notizbuch zu kritzeln und etwas vorzubereiten, was schon lange umgesetzt gehört...

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Das Märchen vom einsamen Streuner

Es war einmal ein junger Wandersmann, der von Siedlung zu Siedlung zog, ohne bestimmte Richtung und ohne rechten Grund. Mit sich trug er eine kleine, verbeulte Ledertasche und seinen rostbraunen Kater, der stolz auf seiner Schulter thronte. Trotz seiner nicht weiter auffälligen Erscheinung wurde er zügig Inhalt zahlreicher Gespräche in den kleinen Ortschaften, denn er setzte sich in den Tavernen und Spelunken, in denen er sich für die weitere Reise zu stärken gedachte, immer in das dunkelste, abgeschiedenste Eck und vermied es, sich unter das heimische Volk zu mischen...

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Lonely Writer Syndrome

Es nervt, er nervt, sie nervt. Alles nervt.

Ich gebe alles, aber es ist leider nicht genug. Die immer gleichen Probleme, die immer gleichen Baustellen. Nur Drohkulissen führen zu Ertrag. Begriffe wie intrinsische Motivation, Selbstorganisation, Interesse, Respekt, soziale Kompetenz und Vertrauen sind zu Relikten der Vergangenheit verkommen. Zuvor waren sie mein Talisman und spendeten mir Hoffnung, nun sind es leere Worthülsen, die ausschließlich sarkastisch verwendet werden können.

 

Alles geht den Bach runter...

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Im Spiegel

Die Duschkabine öffnet sich, sie atmet aus. Ein Schwall heißer Luft entströmt sehnsüchtig seiner Gefangenschaft und setzt sich begierig auf kühle Elemente des Badezimmers, die Freiheit bedeuten. Der gesamte, kleine Raum ist nun befallen von schwirrender Feuchtigkeit. Er steht unter der Herrschaft erregt umherziehender und erobernder Wassermoleküle, die jedoch wenige Minuten später Geschichte sein wird, wenn das Gas seine Mobilität verliert und, von äußeren Umständen getrieben, zurück in seinen ursprünglichen Zustand versetzt wird.

 

Gemeinsam mit der Lawine wachgeküssten Dampfes bin ich der Dusche entstiegen... 

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Waldemar sucht Baumfrau

Ein Comedy-Beitrag?
Welch maximaler Kontrast zu meinen sonstigen Werken, aber dadurch auch besonders herausfordernd. Die Aufführung des Sketches war eine Art Mutprobe für mich selbst. Geschrieben bzw. gelesen wirkt der Text natürlich nicht so gut wie vorgetragen, dennoch findet ihr unten das Skript. Frohes Kichern – falls ihr auf schlechte Wortwitze steht!

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Unter Wasser

April. Vom Gefühl her der erste Vorbote des Sommers. Vielleicht aber nur deshalb, weil dieser Monat das Sommersemester einläutet – er wird also mit Wärme, Freizeit, noch geringerem Arbeitspensum, herrlich langen Tagen und ausgiebigen Grillfesten verbunden.

 

Das erweckt in mir das Verlangen, mich auf die Badesaison einzustimmen. Rucksack gepackt, Badehose an, obenrum aber stilecht mit Kapuzenpulli, kein Bedarf für eine Sonnenbrille – die Temperaturen des Aprils lassen mich hierfür (noch) im Stich...

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Das traurigste Mädchen der Stadt (Teil 1)

Es ist Freitag, punktgenau halb neun. Die knarzende Holztür der zwielichtigen Kneipe schwingt nach innen auf. Sie betritt den Raum, hängt ihren grauen Mantel an die rostige, mehrhakige Garderobe aus Eisen, läuft wie in Trance auf die Bar zu, setzt sich direkt an die Theke. Ihr Stammplatz.

 

Auf ihrem dunkelgrünen Barhocker mit dem roten, abgewetzten Sitzpolster sitzt sie nun nahezu regungslos, das linke Bein über das rechte geworfen, ihr linker Arm, angewinkelt auf dem polierten Sperrholz des alten Tresens platziert, als stabile Stütze für ihren schweren Kopf.

Alles wie immer...

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Das Buch der Erinnerungen

Ich sitze auf meinem Lieblingsmäuerchen. Du weißt schon, das mit diesem herrlichen Blick über die Stadt. Das Wetter ist angenehm kühl und trocken.
Ich setze mich möglichst bequem hin, schabe mit dem Stoff meiner Jeans an dem faserigen und löchrigen Gestein. Mit dabei habe ich mein altes Notizbüchlein. „Das Buch der Erinnerungen“, wie ich es liebevoll verklärend nenne, beinhaltet Texte aus beinahe jeder meiner Lebenslagen und jedes Lebensalters. Mein inoffizielles Tagebuch, eine kurze persönliche Biographie, verfasst in scheinbar kryptischen Worten.

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Lieblingslied

Trübes Herbstwetter.

Ununterbrochen und reglos sitze ich in meiner schwach beleuchteten Kammer im Dachgeschoss und denke viel, aber tue nichts. Ich vegetiere vor dem Laptop und lasse mich von den schwermütigen Lyrics meiner Lieblingslieder beeinflussen, inspirieren und emotional mitreißen...

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Memoiren eines Händlers

Ich bemerkte es sofort, als ich meine Heimatsiedlung erreichte. Etwas war anders. Etwas lag in der Luft, obwohl die Atmosphäre eigentlich altbekannt war: Eine Mischung aus dampfendem Mist, gebratenem Fleisch und Schmiedeeisen. Ich hatte genau diese Aura erwartet, roch sie doch für mich gleichzeitig nach Familie, Ruhe, Geborgenheit und Sesshaftigkeit.

 

Allerdings erwartete mich das genaue Gegenteil.

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Zugfahrten ins depressive Milieu

Durchmogeln. Das kann eine Lebenseinstellung sein. Meine ist es. Und ich genieße dafür Respekt. Werde dafür bewundert, spüre andererseits aber auch Missbilligung.

Blöd nur, dass der Zug des Lebens mich irgendwann dazu auffordern wird, die Weichen neu zu kalibrieren. Es nä­hert sich kein Abgrund, auch kein Sprengsatz, nichts, keineswegs. So schlimm ist es nicht.

 

Aber das monotone Geklappere des Zuges, die Fahrt in die immer gleiche Richtung, die sich wiederholenden wenigen lohnenswerten Haltestellen – all das wird mich sicherlich später einmal frustrieren.

Ob ich an diesem Punkt angelangt bin?

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