Um Gottes Willen

Falls man nichtsahnend, aus Mangel an Alternativen und aus purer Langeweile versehentlich in unseren Lieblingsreligionssender 'K-TV' schaltet, erlebt man einiges Spannendes, Lustiges und vor allem Fragwürdiges. Eine Sendung davon ist die sogenannte 'Kinderstunde', die nicht mal ihrem Namen gerecht wird, denn sie dauert nur eine halbe...

Die Sendung wird eingeleitet durch eine sicherlich mühsam zusammengeflickte Aneinanderreihung von Bildern und anschließend wird der Raum der Sendung gezeigt. Ja, ein Raum, mehr scheint K-TV nicht zur Verfügung zu haben. Diesen Raum Studio zu nennen, wäre schlichtweg übertrieben.
Die Sendung hat drei Gliederungspunkte: Das "Quiz", das "Basteln" und die "Spiele".

Im äußerst fesselnden Quiz treten zwei Gruppen bestehend aus jeweils drei Kindern an. Beide Gruppen besitzen den Namen eines Apostels, wenn ich mich recht erinnere.
Der Spielleiter, Pfarrer Hans Buschor, erzählt den Kindern einige interessante und, wie er mehrmals betont, sehr wichtige Fakten über das Leben, den Glauben und das bestmögliche Verhalten der Katholiken. Das Quiz in dieser Ausgabe der 'Kinderstunde' startet mit Bildern von Maria und Jesus bzw. Gott, denn der Pfarrer setzt letztere in dieser Sendung mehrmals gleich. Er erläutert, warum diese Figuren der christlichen Lehre auf Bildern immer nach unten schauen und stellt zahlreiche Fragen. Leider merkt er manchmal selbst nicht, wann er wirklich eine Frage stellt, oder sie geht in seinem oftmals schwer nachvollziehbarem Gelaber, in dem er sich ständig selbst verbessert, unter.
Die Kinder rufen immer ihre Antworten in den Saal und, falls der Pfarrer die Antworten hört und diese richtig sind, dürfen sie einen Tischtennisball (!) in ein Glas (!) werfen, der stellvertretend die Punkteliste darstellt.
Witzig ist das Quiz allein schon, wenn man die Kinder beobachtet: Sie lümmeln herum, haben keine Lust und vor allem keine Ahnung. Ein Kind sagte auf die Frage, warum Maria nach unten schaue, dass sie zur Hölle schaue. Das war einer der wenigen Momente, wo Hans Buschor zum Leben erwachte: "Nein, nein, die Hölle... die gibt es doch gar nicht." Diese Stellungnahme - mit einem peinlichen Lachen unterlegt - zeigt die Unprofessionalität des Senders, denn weder waren religiöse Kinder auffindbar noch konnte man Szenen herausschneiden. Ein Zitat noch vom Pfarrer persönlich: „Auf dem Bild sieht man Jesus beziehungsweise Gott, so sieht er aus... also nicht so, Gott darf und kann man nicht darstellen, aber dies ist ein Bild von ihm, ein Foto.“ Köstlich.
Weiterhin desaströs ist die Tatsache, dass bei der Frage nach Bethaltungen eines der zwei Mädchen in der Runde tatsächlich vor dem Pfarrer die "Kniebeuge" vorführen musste. Ich will dem Pfarrer keine pädophilen Züge unterstellen, aber in der Zeit der Missbrauchsfälle in katholischen Kirchen wirkt es doch ungeschickt, sich immer wieder demonstrativ vor das Mädchen zu stellen, wenn sie in der Höhe seiner Lenden ist.

Die Bastelminuten der heutigen Ausgabe war äußerst kreativ. Die Kinder mussten aus Moosgummi eine beliebige Figur ausschneiden, dann auf ein rundes Holzplättchen kleben um daraus einen tollen Stempel zu erhalten. K-TV schafft es dadurch, fünf Minuten Sendezeit zu überbrücken. Nach dem Basteln an sich (bei dem ein Kind auch noch bei einem anderen abschauen musste, kein Wunder bei einer solchen Aufgabe), muss jedes arme Kind noch in die Kamera grinsen um zu zeigen, welche Freude es ihnen macht. Die Tatsache, dass jeder Stein authentischer wirkt, ist dabei Voraussetzung. Wenn ich gerade bei dem Thema Kinder bin: In den bisherigen Folgen, die ich gesehen habe, waren es immer die gleiche Kinder und sie hatten immer das Gleiche an Kleidung an! Sind alle Kinderstunden an einem Tag gedreht worden? Als wäre die Sendung an und für sich nicht schon Qual genug und peinlich für ihr gesamtes weiteres Leben. Ziemlich unchristlich.

Anschließend kommen die "Spiele", welche nochmals den Einfallsreichtum und die Sende(r)qualität unterstreichen. Es ist derselbe Raum (oh, es stehen jetzt Sonnenblumen herum!) und das erste unfassbar großartige Spiel ist: Würfel rollen. Große gelbe Schaumstoffwürfel, die ziemlich zerfleddert aussehen und ich glaube sogar eine Blutspur entdeckt zu haben, müssen von den Kindern auf einen Teppich gerollt (nicht geworfen!) werden. Der Witz: Der Teppich ist einen Meter weg. Wie gesagt: Der selbe kleine Raum.
Auch beim zweiten Spiel ("Wettrennen über eine Distanz von 2,5 Metern") war die Spannung, wer als Sieger, als Champion, als Held gefeiert werden kann, unglaublich.

Die Siegerehrung am Ende der Stunde ist sowohl maßlos als auch aneckend. Die Kinder bekommen normalerweise Taschenmesser (!) geschenkt, weil ein Schweizer Sponsor diese bereithält. An 10-Jährige Kinder in einer religiösen Sendung Messer zu verschenken, ist doch bedenklich. In dieser Folge bekamen die Kinder solche billigen Videospielgeräte, auf denen ein Spiel wie 'Tetris' zu finden ist. Pfarrer Buschor erklärt dies so: „Kinder müssen spielen, das gehört zur Kindheit dazu... lieber spielen als fernsehen.“ Realisiert er, dass er gerade vor der Kamera steht und die Sendung für die zuschauenden Kindern (falls es diese gibt) gemacht wurde?

All diese Weisheiten und Aktion bringen mich dazu, immer mal wieder einzuschalten. Was würde Gott dazu sagen? Also Jesus, der Gott, ihr wisst schon, wen ich meine. Eine Sendung die vor Windows 95-Soundeffekten und Unprofessionalität strotzt, da tut sich sicher auch in Gottes Kopf die Hölle auf – obwohl es die ja nicht gibt. Oh Gott.

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